Das Malheur mit der Bassgeige

So mancher Bürger unserer Heimat strebt nach einem lohnenden Nebenverdienst. In früheren Zeiten war man oft schon zufrieden, für seine Mithilfe ein kostenloses Essen zu bekommen. War neben dem Essen auch noch Freibier oder Schnaps zu ergattern, wähnte man sich der Glückseligkeit nahe.

Engel mit Bassgeige

Unser braver Waldkappeler Bürger, nennen wir ihn einmal Wilhelm Eichhahn, war einer von denen, die wegen ihres Geschicks bei allen wohlgelitten waren und deren Dienste man gern in Anspruch nahm. Er hatte sich auf das Streichen einer übergroßen Baßgeige verlegt und fehlte daher bei keiner bedeutenden Kindstaufe oder Hochzeit. Aber auch zur Kirmes spielte er auf und so manches Tanzbein drehte sich nach seinen Tönen. Daß er bei dieser schweißtreibenden Arbeit so recht Durst bekam und mit so manchem Bier und vielen „Würfchen“ Schnaps die Gurgel schmierte, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Schließlich dauerte so ein Tanzvergnügen bis in die frühen Morgenstunden und Bier und Branntewein waren eben zwischen den großen Mahlzeiten für ihn das einzige Nahrhafte.
Wieder einmal hatte das Vergnügen kein Ende genommen und der Morgen dämmerte bereits schwach herauf, als sich unser Musikant auf den Nachhauseweg machte. Wie so oft befestigte er seine Baßgeige sorgfältig auf dem Gepäckträger seines Fahrrades, schwang sich in den Sattel und fuhr etwas schwankend seinem Heimatstädtchen zu. Die Schnäpse und Biere waren ihm wieder einmal kräftig in die Beine gegangen. Aber auch die Müdigkeit war sicher mit Schuld daran, daß er gar bald das Gleichgewicht verlor, recht unsanft im Straßengraben landete und dabei die Baßgeige unter sich begrub. Einmal am Boden liegend, fand er offenbar diesen Zustand nicht unangenehm, denn statt sich zu erheben und die Heimfahrt fortzusetzen, legte unser gute Eichhahn den Kopf zur Seite und schlief erst einmal seinen Rausch aus.

Als er gerade vom ersten Schlummer erwachte, fand ihn ein noch späterer Heimkehrer im Graben, erspähte die lädierte Baßgeige unter dem Allerwertesten unseres Musikanten und konnte sich angesichts dieser Situation die Frage an ihn nicht verkneifen: „Na, minn lieber Eichhahn, jezz ess abber die Baßgeige im A….“, worauf der Pfiffikus schalkhaft erwiderte: „Nää, grods Gegenteil, der A….. ess in der Baßgeige!“

Noch jahrelang schmunzelte man über diese schlagfertige Antwort des alten Spielmanns, dessen Gebeine nun schon mehr als 70 Jahre auf dem Frauenberge ruhen.

Verfaßt von Helmut Hartung, 10/99

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